Die Modewelt färbte man seit Altertum
Eine idyllische und orientalische Farbenpracht strahlt dieses Foto aus, das die traditionelle Färberei in Fes in Marokko zur Darstellung bringt. Fast in jedem Reisebuch wird sie als ein obligatorisches Reiseziel empfohlen. Die Touristen verewigen die farbigen Steinbottiche mit großer Vorliebe auf den digitalen Fotos und bewundern die Arbeit zahlreicher Färber, die überhaupt nichts mit der heutigen industriellen Färbung zu tun hat.
Stofffärbung mit langer Tradition
Der gesamte Färbeprozess in Fes hat eine jahrtausendalte Tradition und erfordert bis heute einen großen Zeitaufwand und ein breites Wissen über die Aufarbeitung von tierischen und pflanzlichen Rohstoffen sowie über die wesentlichsten Ausgangsstoffe und Beizen. Die Kenntnis von verschiedenen Färbrezepten wurde mündlich von Generation zu Generation weitergegeben, sodass sie nirgendwo in der Welt nachgeahmt werden können. Den Stoffen waren schon im alten Rom und Griechenland verschiedene Farben verliehen. Der europäische Markt für gefärbte Stoffe florierte aber erst im 13. Jahrhundert. Damals wurden eigene Zünfte und Gilden gegründet, die neue Qualitätsstandards für Textilbranche setzten und die Interessen von allen Repräsentanten des Färberberufs schützten. Die Florentische „Arte di Calimala“ war eine der bekanntesten Kooperationen von Tuchgroßhändlern des späten Mittelalters, die besonders viel Aufmerksamkeit der hohen Qualität von gefärbten Stoffen widmete. Der gesamte Färbevorgang bestand traditionell aus mehreren Etappen. Zuerst wurde der Stoff gewaschen, danach mit Alaun, Eisensulfat oder Pottasche gebeizt, um seine Aufnahmefähigkeit zu vergrößern. Fernerhin hat man den Stoff in den Kessel mit erhitztem Färbemittel eingetauscht und noch einmal aufgekocht. Mit Verwendung von Sulfaten gab man einer Farbe den erwünschten Ton an.
Entwicklung der Farbstoffe im 19. Jahrhundert
Mit Entwicklung synthetischer Farbstoffe im 19. Jahrhundert reduzierte man den Färbeprozess aufs Minimum. Eine farbenfrohe Massenproduktion wurde auf den Markt geworfen, sodass die heutige Modewelt mit einer Farben- und Tonvielfalt überrascht. Die Zünfte und Gilden sind keine Antriebskraft für den Textilmarkt mehr. Diese Rolle haben die Modedesigner übernommen, die jeder nächsten Saison in einer neuen Farbe erstrahlen lassen.